Weiter weg als Paris

Weiter weg als Paris

In der Val Müstair leben noch 1430 Personen – fast ein Viertel weniger als 1996. In 30 Jahren sollen es noch gut 1000 sein – dieses Szenario veröffentlichte kürzlich der Kanton. Am Rand der Bündner Peripherie wird Leben zusehends unwirtlich. Offenbar unwirtlicher, als in anderen weit von Zürich und Bern entfernten Bergkantonen.

Die Unterstützung für Projektchen in den Bergtälern im Rahmen der neuen Regionalpolitik in Ehren. Doch gegen die akute Abwanderung aus den Bergen helfen ein paar Staatsfranken für Themenwege und Bauernmärkte nicht. Eine temporäre Steuerentlastung mag als Anreiz für Zuzüger zwar helfen, dauerhaft schaffen nur die beste digitale und eine gute verkehrstechnische Erschliessung neue Arbeitsplätze. Genau darum wachsen die Städte. Doch die Politik sprach bisher meist nur davon, die Entleerung der Bündner Bergtäler stoppen zu wollen. Gut gesprochen ist wenigstens gut gewählt.

Die Biosfera Val Müstair bietet eine spannende Natur- und Kulturlandschaft, einziger Schweizer Nationalpark inklusive. Mit Events wie der Tour de Ski zeigt sie Ideen und Überlebenswille. Aber die Strapaze von Bern nach Müstair dauert fünf bis sechs Stunden, von Chur drei bis vier. Mit einem Tunnel zwischen Scuol und dem Münstertal würde sich die Fahrzeit zwischen dem Unterengadiner Zentrum Scuol und Müstair um bis zu fünf Mal beschleunigen. Akten und Studien dazu werden seit 100 Jahren produziert und gestapelt.

Doch der Verlust von Randtälern wird im Zentrum lapidar hingenommen, die Politikerinnen und Politiker der wuchernden Ballungsräume kümmert es nicht. Vorstösse der Bergpolitiker zur Rettung der abgelegenen Täler geniessen nicht Priorität: In einer Bündner Randregion lassen sich eben keine schwarzen Zahlen für die Staatskassen erwirtschaften. So liegt das Münstertal inzwischen gesellschaftlich von Chur weiter weg als Zürich, und Bern ist Paris näher als es die Val Müstair ist.

Kontaktieren Sie unseren Autor zum Thema: hanspeter.putzi@somedia.ch

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